Das Öhlingerhaus nimmt eine herausragende Position inmitten des Ortsplatzes ein, recht viel zentraler geht es nicht. Seine Hauptfassade ist fast exakt nach Süden ausgerichtet, die Exposition ist damit bezüglich Licht und Sonne geradezu idealtypisch für ein frisches und einladendes Geschäftslokal, wo sich idealerweise Menschen zum Austausch treffen können. Zwei Gärten dahinter und davor bieten unzählige Gestaltungsreserven für zukünftige Nutzungen. In Summe ist es also ein perfekter Standort für einen gewerblichen Betrieb im Herzen unserer Gemeinde, der die dringend notwendige Frequenz im Hörschinger Zentrum bringen bzw. bestmöglich fördern soll. Das Haus spielt daher im Ortsentwicklungskonzept eine wichtige Rolle, vor allem auch deshalb, weil der Wunsch der Bevölkerung nach der Wiedererrichtung eines attraktiven Bäckers mit Kaffeehaus und Nahversorgungsangeboten bei verschiedensten Befragungen sehr deutlich formuliert wurde.
Mitte 2014 hat sich für die Gemeinde eher überraschend die Möglichkeit ergeben, das Öhlingerhaus zu kaufen. Zur Wahrung der Entwicklungschancen hat man klugerweise rasch für einen Erwerb entschieden und die dazu erforderlichen Beschlüsse in den Gremien herbeigeführt. Viele Ideen und Nutzungen wurden diskutiert, Aufbruchsstimmung machte sich breit. Man meinte, man hätte an einer zentralen Stelle eine Immobilie zur Verfügung, die mit relativ überschaubaren Änderungen rasch einen Neustart des Ortsplatzes ermöglichen würde. Das erste sichtbare Zeichen zur Überwindung des jahrzehntelangen Niedergangs des Zentrums schien in greifbarer Nähe.
Der Gemeinde wurde in den Sachdiskussionen der Lenkungsbeiratssitzungen nahegelegt, interessierte Bäcker zu finden, die bereit wären, im Öhlingerhaus eine Filiale zu errichten. Anfang Jänner 2015 war es dann soweit: nach meheren Absagen anderer Bäckerein hat die vom Ortsentwicklungsverein ins Spiel gebrachte Bäckerei Moser aus Hartkirchen nach einer ersten Besichtigung „sich ernsthaft dafür interessiert“ und sich in der Folge bereit erklärt, Investitionen in den laufenden Betrieb einer Bäckerei mit Kaffeeahaus zu tätigen, wenn andererseits die Gemeinde im Haus erforderliche Adaptionen durchführte, die aus baurechtlicher und gewerberechtlicher Hinsicht erforderlich sind. Viele Gespräche, Pläne, Diskussionen, ein ausführlicher Workshop und Verhandlungen folgten. Im Herbst 2015 war man sich über die wichtigsten Punkte einig, auch ein Zeitplan wurde festgelegt. Im ersten Halbjahr 2016 sollten die Umbauarbeiten von Seiten der Gemeinde und im Sommer 2016 die Investitionen des Pächters Moser erfolgen, damit im Herbst 2016 der laufende Betrieb aufgenommen hätte werden können. Das erste Leuchtturmprojekt der Hörschinger Ortsentwicklung schien neben den anderen sinnvoll dazugefügten Nutzungen (Mediathek, Kleinkultur, Geschichtsarchiv, Otelo und Ausstellungsraum für ortsansässige Handwerker und Künstler) nicht mehr länger nur ein Produkt der Phantasie zu sein, sondern war am Horizont sichtbar.
Sichtbar wurde aber leider nicht das Projekt, sondern der wahre Zustand des Öhlingerhauses. In einer im Jänner 2016 durchgeführten Analyse wurde das Gebäude im Auftrag der Gemeinde von Experten statisch sowie bautechnisch untersucht. Es stellte sich heraus, dass der Zustand des Daches und vor allem der Decke im Obergeschoß miserabel sei, ja, dass das Haus soweit einsturzgefährdet wäre, dass die zwischenzeitlich darin beheimateten Jugendgruppen wieder ausziehen mussten. Und: Zur gleichen Zeit realisierte die Gemeinde, dass das Haus im Zusammenhang mit dem Zonenplan für den Hochwasserschutz eigentlich höher gelegt werden müsste und die erforderlichen gewerberechtlichen Adaptierungen somit nur unter großen Zusatzkosten bewerkstelligt werden könnten. Die erforderlichen Änderungen würden mehr kosten als ein Neubau. Das der Kaufidee zugrunde liegende Projekt „ORTSPLATZBÄCKEREI NEU“ mit zusätzlichen anderen Nutzungen musste daher gestoppt werden.
Damit wurden wesentliche Versäumnisse offenbar: erst eineinhalb Jahre nach dem Kauf hat die Gemeinde realisiert, dass das Haus defacto unbenutzbar ist und abgerissen werden muss. Man hat offensichtlich seinerzeit dem Ankauf kein bautechnisches Gutachten zu Grunde gelegt und die Katze im Sack erworben. Die Gemeinde kann sich daher jetzt auch nicht an einem Gutachter schadlos halten, sie trägt selbst die ganze Verantwortung. Zudem ist im Kaufvertrag keine Minderwertklausel enthalten, die Gemeinde Hörsching bleibt somit zur Gänze auf den Kosten sitzen und muss jetzt auch noch rund 50.000 EUR Abbruchkosten berappen.
Das ist für die Verantwortlichen mehr als peinlich. Vor allem: das Projekt, im Jahr 2016 einen florierenden Bäcker auf dem Hörschinger Ortsplatz zu haben, ist Geschichte. Auch wenn die Bäckerei Moser angeblich an Bord bleiben will und für alternative Ideen am Platz des ehemaligen Schumergruberhauses aufgeschlossen sein soll: vor 2018 wird das alles mit Sicherheit nichts werden. Und: wer weiß, ob bei Moser die Geduld für dieses Vorhaben noch ausreicht, wo man doch jeden Tag in den Zeitungen vom brutalen Wettbewerb der Bäcker mit den Handelsketten lesen muss. Eine große Chance für die Entwicklung vom schlafenden Ortsplatz zu einem belebten Marktplatz scheint vorerst wieder verschoben zu sein. Kein Wunder, dass das Vielen sauer aufstößt.
Wir hoffen nur, dass die Verantwortlichen mit den Betreibern, sowie mit den in unseren Ausarbeitungen und Empfehlungen sinnvoll aufeinader abgestimmten Nutzungen, behutsam umgehen, sodass der „Sauerteig“ wieder zu etwas Sinnvollem werden kann und nicht verdirbt.